Was ist schon normal

Normalität ist eine subjektive Idee, die individuell definiert wird. Sie repräsentiert das, was wir gewohnt sind oder was wir als üblich ansehen. Doch sie ist wandelbar und kulturell geprägt, denn was als normal gilt, variiert von Person zu Person und von Gesellschaft zu Gesellschaft.

Das ist ein Säugling

Meine Mutter war bei unserem letzten Besuch fast schon böse auf mich, als ich erneut betonte, dass wir keinen Schnuller für unser Kind verwenden. Nach mehrmaligen, unverständlichen Schimpftiraden sagte sie überzeugt: "Das ist ein SÄUGLING, der braucht einen Schnuller." Ich frage mich jedoch, wie die Menschheit so lange ohne die Erfindung eines Plastik NIPPELS überleben konnte...

Zugegeben, manchmal denke ich mir auch, es wäre einfacher, dem Baby einen Schnuller zu geben, um es ruhig zu stellen. Aber zu welchem Preis?

Stillberater und Hebammen betrachten Schnuller meist kritisch, insbesondere wenn sie schon in den ersten Tagen nach der Geburt eingesetzt werden. Eine ganze Industrie hat natürlich auch großes Interesse am Verkauf ihrer Produkte und suggeriert Eltern, die Verwendung verschiedener Formen und Größen. Nur das Beste für ihren Liebling.

Abgesehen von Kieferproblemen, Zahnfehlstellungen und einem negativen Effekt auf die Sprachentwicklung, muss man seinem Kind das Ding ja auch irgendwann wieder abgewöhnen...

Meine Tochter wird voll gestillt. An der Brust wird nicht nur ihr Nahrungs- sondern auch ihr Saugbedürfnis befriedigt. Daher werden wir bis auf weiteres auf den Schnuller verzichten. Auch wenn meine Brustwarzen manchmal unter dieser Entscheidung leiden.

Das leidige Thema: Schlaf

Mein Baby ist nun in der 8. Lebenswoche. Da sie aber fast 2 Wochen nach ihrem ET zur Welt gekommen ist, bin ich bisher davon ausgegangen, dass sie ihren 8-Wochen-Schub bereits hinter sich hat. Seit ein paar Tagen befinden wir uns aber wieder in einer etwas schwierigeren Phase.

Sie schläft untertags richtig bescheiden. Maximal 30-45 Minuten am Stück und dann auch nur, wenn sie im Tragetuch ist. Und am liebsten, wenn wir draußen spazieren sind. 

Alleine schlafen funktioniert überhaupt nicht. Wenn ich es wage, sie im Bett bis zum Einschlafen zu stillen und mich dann auch nur 1 Minute aus dem Bett zu schleichen, um mal aufs Klo zu gehen, ist das Geschrei groß und die ganze Prozedur war umsonst.

Komplett erfolglos sind aktuell auch sämtliche Versuche von mir, sie in den Schlaf zu wiegen und dann abzulegen. Heute haben wir es zumindest einmal soweit geschafft, dass sie ohne Stillen in meinen Armen eingeschlafen ist. Vielleicht kommt demnächst ja mal das Ablegen der kleinen Dame hinzu. 🤞

Immerhin waren die letzten paar Nächte richtig gut! Sie schläft meistens nach dem abendlichen Stillen gegen 20 Uhr ein und hat dann auch immer eine ziemlich lange Schlafphase (bis 23 oder teilweise auch bis 24 Uhr) entweder direkt im Bett oder bei meinem Mann im Tuch.

Dann wird gewickelt - was mal mit mehr oder weniger Geschrei stattfindet - und erneut gestillt. Daraufhin schläft sie (mit drei Mal stillen) bis zum nächsten Morgen um 8 Uhr. Success!

Diesen nächtlichen Luxus haben wir allerdings erst, seit ich sie bei mir im Bett schlafen lasse. Als sie noch im Beistellbett direkt neben mir schlief, waren die Nächte für uns alle viel unbeständiger und enthielten eine einstündige Wach- und Schreiphase zwischen 3 und 5 Uhr früh.

Warum erzähle ich das alles?

Mein Mann zieht mich ständig damit auf, dass ich jedes Schläfchen, jedes Stillen und jede Windel unserer Tochter in einer App aufzeichne und danach im Internet nachlese, ob das für ihr Alter eh alles so passt. Wenn er mich dann fragt, ob ich einen Grund zur Annahme habe, dass mit unserem Kind etwas nicht stimmt, muss ich kleinlaut zugeben, dass dem nicht so ist. 

Sie wurde schon mit einem stolzen Kampfgewicht geboren und wächst seither kontinuierlich in alle Richtungen. Sie lacht viel, ist aufmerksam, hat richtig viel Kraft in ihrem kleinen Körper und füllt regelmäßig ihre Windeln. Ab und an hat sie Bauchweh und weint dann kräftig, bis die lästigen Winde endlich draußen sind. Meines Erachtens sind wir aber Meilen weit weg von “Koliken” oder gar einem “Schreibaby”.

Wieso tue ich es also? 

Zum einen ist es angenehm nachschauen zu können, wann ihr letztes Schläfchen war bzw. ich sie gestillt habe - dann muss ich mir das nicht ständig merken oder schätzen. Und ja, mir ist durchaus bewusst, dass man argumentieren könnte, dass sie es mir sowieso zu verstehen gibt, wenn sie müde ist oder Hunger hat… 

Zum anderen wird mir suggeriert, dass andere Babys in ihrem Alter X Schläfchen à Y Stunden am Tag machen - selbstverständlich im eigenen Bettchen welches in einem separaten Zimmer steht. Das Ganze natürlich ohne die Assoziation mit der Brust zu konditionieren. 

Somit können andere Mamas ihren Tag perfekt strukturieren, wissen genau, wann ihr Baby was macht und kommen ganz hervorragend ohne die Unterstützung des Partners durch den Tag.

Bei mir ist das nicht der Fall. Mein Baby hat keinen so klaren Rhythmus, mit dem sie durch den Tag kommt. Das bedeutet, auch ich habe keinen klar geregelten Rhythmus, an dem ich meinen Tag ausrichten kann. Wenn es hart auf hart kommt, bin ich auf die Unterstützung meines Mannes angewiesen. Gegessen wird in unserem Haushalt ab und an mal im 2-Schicht-System und auch die Wäsche kann gut und gerne auch mal zwei Wochen im Wäschekorb verbleiben, ohne dass sie zusammengelegt wird. 

Mein Baby lebt, seit sie auf der Welt ist, auf Körpern. Sie bekommt alles an Zuwendung, Nähe und Aufmerksamkeit, nachdem sie verlangt. Manche würden sagen, wir verwöhnen sie oder machen uns das Leben unnötig schwer. Aber für uns ist das die Normalität, die wir uns ausgesucht haben.