Jeder Mensch ist eine Frühgeburt

In der Regel dauert die Schwangerschaft beim Menschen neun Monate. Doch eigentlich ist das zu kurz.

Laufen geht nicht, das Sehen funktioniert nur eingeschränkt, und ständig drohen die Auskühlung und der plötzliche Kindstod. Der Mensch ist nach seiner Geburt äußerst hilflos. Er müsste eigentlich viel länger im Mutterleib bleiben. Und zwar 16 Monate, um ungefähr die Fitness eines Affenbabys zu erreichen. Doch schon nach etwas mehr als der Hälfte dieser Zeit erblickt er bereits das Licht der Welt.

Wissenschaftler erklären die Frühgeburten-Strategie des Homo sapiens damit, dass zwei evolutionäre Entwicklungen einen Kompromiss finden müssen. Die eine Entwicklung war die des Menschen zu einem Wesen mit aufrechtem Gang, was zu einer Engstellung seines Beckens führen musste. Die andere Entwicklung war die zu einem ausgeprägten Gehirn, das aber in einem halbwegs ausgereiften Zustand unmöglich durch das verengte Aufrechtgänger-Becken der Mutter passen würde. Also verkürzte sich die Schwangerschaft. Und zwar auf eine Dauer, die für das Baby und seinen Schädel am besten ist: So klein wie nötig, aber auch so weit entwickelt wie möglich.

Wenn ich daran denke, wie anstrengend vor allem die letzte Zeit meiner 42 Wochen war, bin ich heilfroh, dass ich mich danach außerhalb meines Körpers um mein Baby kümmern durfte.

Das 4. Trimester

Nicht ohne Grund nennt man die ersten Monate eines Neugeborenen auch das 4. Trimester. Babys sind sich ihres eigenen Wesens noch nicht bewusst und glauben, dass sie immer noch ein Teil der Mutter sind. Wahrscheinlich lebt, schläft und isst meine Tochter deswegen nach wie vor auf Körpern - bevorzugt auf meinem.

Das Familienbett ist für mich ein Segen. Sie liegt direkt neben mir und wir haben so den besten Nachtschlaf. Ich wache 3-4 Mal pro Nacht auf und lege kurz mein unruhiges Baby an der Brust an. Danach schlafen wir alle weiter. Meistens ganz ohne Geschrei. Hin und wieder liege ich nachts dennoch mal eine Stunde wach. In dieser Zeit schreibe ich dann Blogposts vor oder recherchiere Zeugs im Internet.

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Falls sich dem einen oder der anderen jetzt vor Entsetzen die Zehennägel aufrollen beim Gedanken an das böse, böse Einschlafstillen hier ein wunderbarer Artikel dazu, der mir sehr viele Fragen beantwortet hat und mich in meiner Entscheidung absolut bestärkt hat.

Sie wächst und gedeiht prächtig. Mittlerweile hat sie ihr Geburtsgewicht beinahe verdoppelt.

Wir können ihr beim Lernen neuer Skills regelrecht zusehen. Oft kann sie an einem Tag plötzlich etwas, was sie 2-3 Tage vorher noch "geübt" hat. Das Greifen nach den Holzringen am Spielbogen zum Beispiel. Oder sie gibt aus dem Nichts ganz neue Leute von sich.

Regelmäßig kommt sie auch mit neuen Dingen in Kontakt. Diese Woche war bei uns Wintereinbruch und nach einem ausgiebigen Schneespaziergang bei Papa im Tragetuch kam sie das erste Mal mit Schnee in Berührung.

Mit so viel neuen Eindrücken und Veränderungen, die ihr kleiner Körper und vor allem ihr Gehirn durchmachen, ist sie diese Woche aber auch sehr anhänglich. Kaum versuchen wir sie mal eine Minute in ihrer Wippe abzulegen, um die Hände frei zu haben, schreit sie wie am Spieß und hört erst wieder auf, wenn man sie hoch nimmt.

Am Samstag wird meine Tochter 3 Monate alt und ist dann offiziell durch mit dem 4. Trimester. Schon jetzt habe ich das Gefühl, dass die Zeit eigentlich viel zu schnell vergeht. Wenn sie könnte, würde sie jetzt schon am liebsten davon krabbeln und mit mir plaudern.